Krimi / Thriller


The streets were dark with something more than night.

(Zitat, Raymond Chandler)

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Gute Krimis können wahre Milieustudien sein. Vielschichtig in den Handlungssträngen, Charakteren und deren Motivationen. Das Spannende daran ist zu entdecken, wie komplex die Handlungsverläufe sein können und wie wenig einzelne Absätze repräsentativ für den gesamten Roman sind.
(Gut, das gilt sicher auch für fast jede Form von Belletristik.)

 

… Er sieht auf die Uhr, die auf dem Tisch neben dem Bett steht. Die Zeiger leuchten und zeigen auf Viertel vor fünf. Warum bin ich aufgewacht, denkt er. Normalerweise schlafe ich bis halb sechs. So habe ich es über vierzig Jahre lang gemacht. Warum wache ich jetzt auf? Er horcht in die Dunkelheit hinaus und ist plötzlich hellwach. Irgend etwas ist anders. Etwas ist nicht mehr so, wie es bisher war …
Aus „Mörder ohne Gesicht“, Autor: Henning Mankell

… Ich legte meine behandschuhten Finger auf die Klinke der inneren Tür. Drückte sie herunter und spürte, wie die Sperre entriegelt wurde. Ich war relativ entspannt. Drei Männer waren hinausgegangen. Also war anzunehmen, dass einer von ihnen zurückkam. Oder alle drei. Hielt drinnen jemand Wache, würde es eine tödliche Verzögerung geben, bis ich als Freund oder Feind identifiziert war. Eine Fünftelsekunde, vielleicht sogar länger. Aber nicht für mich. Jeder, den ich sah, war mein Feind. Ohne Ausnahme. Ich stieß die Tür auf...
Aus „UNDERGROUND, Jack-Reacher-Roman“, Autor: Lee Child

…. Als Harry sich näherte, bemerkte er, dass das, was er für Gestank von verfaulten, alten Kartoffeln gehalten hatte, von einer weiteren Leiche kommen musste.
„Jimmy“, sagte er leise. Der Polizist zuckte zusammen und drehte sich um. Seine Augen waren weit geöffnet, und er hatte eine Platzwunde auf der Stirn. Harry stutzte erst, verstand dann aber, dass die Wunde von derselben Wasserleitung stammen musste, an der auch er sich den Kopf aufgeschlagen hatte. Der Polizist trat zur Seite und Harry war einen Blick in den Verschlag. Darin war ein Käfig ...

Aus „Durst, Ein Fall für Harry Hole“, Autor: Jo Nesbo

 

Nehmen wir den kurzen Absatz aus „Sturm über New Orleans“ von James Lee Burke:
"In einer ganzen Reihe gut geschriebener Drehbücher bereitet ein Kriminalpsychologe dem wahnwitzigen Treiben eines Serienkillers ein Ende, indem er sich irgendwie in den Kopf des Mörders hineinversetzt. Infolge dessen wird der Psychologe selbst ein bisschen verrückt", siniert Dave Robicheaux.
Der Krimi betrachtet den Krimi. Und dabei lässt Burke seine Figur Robicheaux in "Sturm über New Orleans" auf fast 600 Seiten durch die von Hurrican Katrina verwüstete Region streifen, um Verbrechen aufzuklären und vermittelt dem Leser die irrwitzigen Ausmaße menschlicher Hybris - quer durch die Schichten der Gesellschaft.

Jason Starr hält den Blickwinkel enger. Er lässt uns in seinem Krimi "Ein wirklich netter Typ", auf 270 Seiten, lediglich ein paar Straßenzüge in Manhattan durch die Augen eines empathielosen Scheißkerls sehen. Dass er sich dabei einer lästigen Affäre mit einem Kissen entledigt, wird in einer Zeile abgehandelt. Starr, ein Meister des Mikrokrimikosmos 'Familie, Freunde, Kollegen' - ob in "Top Job","Brooklyn Brothers" oder in "Panik", er lässt menschliches Treibgut an die Dämme der Zivilisation prallen, bis diese brechen. Nichts davon ist trivial. Vieles mutet mehr wie psychologische Fallstudien an.

Die Vielfalt der Themen und Varianten ist enorm: Gauner gegen Gauner in Richard Starks „Parker-Romanen", Umweltkrimis von Carl Hiaasen, augenzwinkernd , schräg und voll von Brisanz, und last, not least der Meister der Coups Trevanian, unerbittlich hart.
Betrachtet man aus dieser Sicht die Kriminalkomödien von z. B. Rita Falk, erscheinen diese deutlich weniger komplex. Dafür ist es herrlich, sich auch einmal entspannt diesem 'Schmäh' hinzugeben.

Und was das Thema Krimi betrifft, ist man von der griechischen Antike, über das Alte Testament mit Kain und Abel, bis hin zu Dürrenmatt in „bester Gesellschaft“. Das 'who is who' der "Weltliteratur" hat zu diesem Genre seinen Beitrag geleistet.
Ob trivial oder nicht, in erster Linie sollte man ja lesen, was einem Spaß macht - und nicht, was andere meinen kategorisieren zu müssen.